Geposted von Maxellent,
In Südkorea und China wird schon häufig mit ihnen gearbeitet, im Westen sind sie oft nur auf dem Papier überhaupt da: Die Substitutes oder auch Auswechselspieler gibt es in LoL genauso wie in herkömmlichen Sportarten. Brauchen die Teams sie wirklich oder ist das reiner Luxus? In der EU LCS spielen Substitutes bislang noch keine große Rolle. Die 10 europäischen Teams schickten im regulären Spring Split 2018 insgesamt 54 verschiedene Spieler auf die Stage. H2k-Gaming verpflichtete während des Splits 2 Spieler und setzte diese von da an ein, beim Schalke 04 Esports musste Mitch 'Boris' Voorspoels notgedrungen einspringen, weil Elias 'Upset' Lipp verletzt war.

Nur Fnatic bemühte sich im Fall vom Gabriel 'Bwipo' Rau immerhin zum Ende des Spring Splits, dem Ersatz-Top-Laner etwas Spielzeit zu ermöglichen. Die restlichen Teams haben den gesamten Split über mit unveränderten Lineup gespielt, obwohl sie alle zumindest offiziell Substitutes beschäftigen.

Man könnte natürlich argumentieren, dass sich Auswechselspieler im Best-of-One-System nicht so gut anbieten, doch im Summer Split 2017 waren es in der EU LCS auch nur 55 eingesetzte Spieler, von denen 3 nur am ersten Spieltag aufgrund von Ausfällen bei G2 Esports zu ihrem Auftritt kamen.

Quelle: Leaguepedia

In der LCK sieht das beispielsweise ganz anders aus: Im vergangenen Spring Split wurden dort ganze 65 Spieler von den 10 Teams eingesetzt. Jedes Team dort beschäftigt mindestens einen Substitute, der im Frühling auch eingesetzt wurde. Manche von ihnen spielten eher selten, andere, wie zum Beispiel Woo-hyeon 'Ucal' Son (KT) und Park 'Blossom' Beom-chan (SKT), haben vermeintlichen Stammspielern den Platz streitig gemacht.

Quelle: Leaguepedia

Talentförderung und Flexibilität als große Vorteile



Warum setzen die LCK-Teams also alle auf einen größeren Kader als unbedingt nötig? Die offensichtlichen Vorteile sind Flexibilität und die Förderung von Talenten.

Letzteres lässt sich einfach begründen: Die Teams scouten Spieler, die entweder in der Solo-Queue oder in kleineren bzw. unterklassigen Teams gut performen und binden sie in ein professionelles Umfeld ein, wo sie gemeinsam mit erfahrenen Profis trainieren können.

Allein das fördert die Entwicklung dieser Spieler enorm. Wenn sie dann noch auf der LCK-Bühne in den Spielen, in denen es darauf ankommt, an den Start gehen, steigert sich zum einen das Selbstvertrauen der jungen Spieler und zum anderen werden sie automatisch lernen, was sie wann zu tun haben. Die Aussicht auf einen möglichen Stammplatz, wenn sie ihre Sache besonders gut machen, ist ein zusätzlicher Ansporn.



Wenn sich die Subs gut entwickeln, profitiert im Grunde das ganze Team davon: Meist werden zwei Spieler, die im selben Team auf der gleichen Position spielen, verschiedene Spielstile und Champion-Pools vorweisen können, sodass man die beiden situativ austauschen kann. Außerdem kann das Team reagieren, sollte einer der Spieler einen schlechten Tag erwischt haben oder gar nicht einsatzfähig sein.

Wie gut das klappen kann, haben beispielsweise die Afreeca Freecs im LCK-Spring Split bewiesen. Ersatz-Jungler Jae-ha 'Mowgli' Lee brachte nach seiner Einwechslung oft frischen Wind ins Team, wenn es mit Da-yoon 'Spirit' Lee zuvor noch nicht so gut geklappt hatte.

Im Playoff-Halbfinale gegen KT Rolster wirkte das Team nach Mowglis Hereinnahme wie verwandelt und holte sich auch dank ihm den Sieg, obwohl Spirit normalerweise erste Wahl war.



Auch beim Mid-Season Invitational 2018 machte ein Team vor, wie man gut mit Subs arbeiten kann: LPL-Vertreter Royal Never Give Up hatte mit Shi-yu 'Mlxg' Liu und Hau-Hsuan 'Karsa' Hung zwei starke Jungler dabei. Als der Chinese sich inkonstant zeigte und hin und wieder schwächelte, sprang der Taiwanese ein und war am Ende ein wichtiger Faktor beim Playoff-Triumph von RNG.

Beim MSI setzten allerdings nur die Chinesen konsequent auf ihren Sub, bei DRX kam Woo-chan 'Cuzz' Moon immerhin noch mehr als einmal zum Einsatz.



Die chinesischen Teams sind aus der eigenen Liga ohnehin gewohnt, viel mehr Substitutes einzusetzen. Riots Begrenzung bei internationalen Turnieren sorgt dafür, dass manche LPL- und LCK-Teams dort nicht ihre volle Stärke entfalten können. Anderen Regionen kommt das natürlich entgegen.

Warum auf Subs verzichten?



Vorteile und positive Beispiele gibt es also durchaus. Trotzdem hat in vielen Regionen, darunter EU und NA, das Sub-System noch nicht wirklich Einzug erhalten. Was sind die Gründe dafür?

Die NA LCS-Teams haben spätestens seit dem Spring Split eine Alternative: Die Academy-Liga ist genau zu dem Zweck ins Leben gerufen worden, damit die NA-Teams dort ihre Talente und Ersatzspieler regelmäßig einsetzen können und auch die Möglichkeit haben, Scrims innerhalb der eigenen Organisation durchzuführen.

Academy-Spieler können problemlos ins LCS-Lineup übernommen werden. Da jedes NA-Team auch ein Academy-Lineup stellen muss, zwingt Riot die Teams praktisch zur Entwicklung von Talenten und so hat jedes Team dort theoretisch 5 Subs. Das große Ziel ist natürlich, dass die Academy-Liga für junge Spieler zum LCS-Sprungbrett wird. Ob das so klappt, bleibt noch abzuwarten.

Wie man es nicht machen sollte, zeigte Echo Fox im Summer Split 2017. Die Organisation kündigte vor dem Split an, mit einem 10-Mann-Roster an den Start gehen zu wollen. Was prinzipiell durchaus eine gute Idee sein kann, wurde katastrophal umgesetzt. Gefühlt wechselten die Verantwortlichen ihre Spieler ohne Plan und Struktur ein und aus. Selbst Henrik 'Froggen' Hansen, womöglich der einzige Lichtblick des Teams, blieb vom Wechselwahn nicht verschont.

Quelle: Leaguepedia



In Europa ist das Ganze noch etwas komplizierter: Neben den zusätzlichen Kosten, die entstehen, wenn man einen guten Ersatzspieler unter Vertrag hat, spricht auch die Mentalität einiger Spieler gegen Substitutes. Viele Akteure unterschreiben ihre Verträge in dem Wissen, Stammspieler bei ihrem Team zu sein.

Bekommen diese Spieler einen ernsthaften Konkurrenten vorgesetzt und werden dazu noch angewiesen, diesen unter ihre Fittiche zu nehmen, kann es durchaus zu Unruhen kommen. Ein aktuelles Beispiel ist die Situation von Paul 'sOAZ' Boyer bei Fnatic, mit welcher der Franzose nicht so recht umzugehen weiß.

Ein anderes Beispiel ist Mateusz 'Kikis' Szkudlarek, der im Sommer 2016 nach dem sensationellen Titelgewinn mit G2 Esports im Spring Split Dae-han 'Expect' Ki als Konkurrenten an seine Seite gesetzt bekam. Nach einigen Wochen stellte der Pole, der aufgrund dieser Situation frustriert war, der Organisation ein Ultimatum. Am Ende entschied sich G2 gegen ihn und für Expect.



Abgesehen davon gibt es im Best-of-One-System natürlich vergleichsweise wenig Einsatzmöglichkeiten für die Ersatzspieler. Die Umstellung auf Bo1 dürfte die Angewohnheit der Teams, mit strikten 5-Mann-Rostern zu arbeiten, daher noch gefördert haben.

LCS-Teams bedienen sich daher lieber in der Solo-Queue oder den nationalen Ligen, wenn sie junge Talente an Land ziehen wollen. Die müssen dann aber auch das Zeug zum Stammspieler haben. Ob sich das mit dem Franchising ändert, bleibt vorerst noch abzuwarten. Riot selbst fördert die Entwicklung der Nachwuchsspieler in Europa aktuell durch die Einführung neuer Turniere wie der deutschsprachigen Premier-Tour oder den European Masters.



Ohne Frage geben Substitutes einem Team mehr taktische Möglichkeiten. Setzt man sie regelmäßig ein, bleibt man flexibel und kann Talente direkt auf der Bühne fördern. Nicht umsonst setzen erfolgreiche Regionen mit starker Infrastruktur und großem Talentpool, namentlich die LCK und die LPL, sehr gerne auf Auswechselspieler und scheuen sich auch nicht, diese regelmäßig einzuwechseln, egal ob es sich bei dem auszuwechselnden Spieler um einen großen Namen handelt.

Bis diese Mentalität vollständig im Westen angekommen ist, wird es wohl noch etwas dauern. Riot hat das ebenfalls erkannt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Insgesamt sind die Vorteile, die Subs bieten, zu groß, um sie gänzlich zu ignorieren.

Was meint ihr? Was muss passieren, damit im Westen mehr Substitutes eingesetzt werden?

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