Geposted von BerniErni,
Wann steht ein Land schon mal so eng zusammen wie bei einer Weltmeisterschaft? Schwarz-rot-goldene Fahnen wehen im Wind, die Menschen gehen mit Trikot zur Arbeit, die WM ist Gesprächsthema Nummer eins. Warum gibt es so etwas, zumindest in der Art, bei League of Legends nicht?

Die Worlds – wunderbar, aber nicht das Gleiche



Im Oktober waren sie wieder, die alljährlichen Worlds. Und wie hat der Westen abgeschnitten? Mit Cloud9, Fnatic und G2 Esports waren drei Teams im Halbfinale, Fnatic wurde sogar Vizeweltmeister.

Die Worlds, jedes Jahr im Oktober, will ich nicht missen. Und trotzdem fehlt etwas. Wenn über die Worlds berichtet wurde, dann fiel in westlichen Medien oft das Wort „Stolz“. Stolz, dass der Westen endlich auf Augenhöhe scheint. Stolz, dass ein westliches Team im Finale steht. Stolz, dass wir endlich etwas erreicht haben. Was für ein Gefühl wäre das dann erst, wenn es das eigene Land wäre?



Es ist das "Wir sind Papst“-Gefühl, was einige von euch vielleicht noch aus dem Jahr 2005 kennen. Oder das „Sommermärchen“-Gefühl, ca. ein Jahr später. Erinnert ihr euch noch an den Handball-Hype, der Deutschland entfacht hat, als 2007 die deutsche Mannschaft Weltmeister wurde? Nein? Sagt euch das Lied „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ der Höhner etwas? Dann sagt euch auch der Hype etwas.

Es ist dieses Gefühl, das dem Esport, oder League of Legends, fehlt. Und es ist dieses Gefühl, das der Esport braucht.

Wie, wann, wo und warum?



Die Frage liegt natürlich auf der Hand: Wo soll in einem sowieso schon vollgepackten Terminkalender noch Platz für eine Weltmeisterschaft sein? Die Antwort liegt aber ebenso auf der Hand: im Zeitraum der All-Stars.

Denn, sind wir doch mal ehrlich, brauchen wir die All Stars? Schlagt mich, aber mir persönlich macht das Turnier wenig Spaß zum Zuschauen, ich halte es kompetitiv für jenseits jeglicher Relevanz und finde, es soll eigentlich nur ein Lückenfüller zwischen den Worlds und dem Spring Split sein.



Warum also nicht ein sinnvolles Turnier auf den Termin legen? Eine Nationen-Weltmeisterschaft beispielsweise. Ähnlich zum All-Star-Turnier, bei dem verschiedene Spieler aus einer Region teilnehmen und sie repräsentieren, repräsentieren hier Spieler verschiedene Länder.

Das Ganze könnte dann klassisch im Weltmeisterschaftsdesign aussehen. Die 16 relevantesten Mannschaften der Welt, gerechnet an den Spielern der Profi-Szene und deren Erfolg, den Spielern auf den Live-Servern und marktwirtschaftlichen Kräften, werden zu einem Turnier eingeladen.

Sie werden dann in vier verschiedene Gruppen aufgeteilt. Die besten zwei Mannschaften kommen weiter, danach wird im K.O.-System ab dem Viertelfinale weitergespielt, bis letztendlich ein Weltmeister feststeht.

Selbstverständlich muss vom Veranstalter ein Anreiz geschaffen werden, das heißt ein solides Preisgeld und andere Vermarktungsvorteile für Werbepartner beispielsweise. Sonst würde das Turnier in der Versenkung landen, wie es die All-Stars schon einmal waren.

Wo das Spielchen stattfinden soll? In bester Eurovision Songcontest-Manier im Land des Vorjahressiegers. Das erste Turnier findet dann ausnahmsweise im Land des Siegers der Worlds, wahlweise aber auch in einem anderen Land, das sich einverstanden erklärt, statt.

Und warum? Ja, warum eigentlich? Werfen wir einen Blick auf Vor- und, ja die gibt es auch, Nachteile.

Profis, Fans und Riot - ein Nutzen für alle



Überlegen wir uns doch einmal, wie so ein Team aussähe. Exemplarisch an der deutschen „Nationalmannschaft.“

  • Top: Broken Blade/Smittyj/Ventair/Scarface
  • Jungle: Gilius/Amazing
  • Mid: PowerOfEvil
  • ADC: Upset
  • Support: Pandar/Gistick/Hammann

Was fällt auf? Neben Größen der Esport-Szene wie PowerOfEvil, Upset, Amazing und Gilius sehen wir auf der Top-Lane neben dem deutsch-türkischen Neuzugang von TSM Broken Blade und Smittyj auch Ventair und Scarface.

Auf der Support-Position sehen wir gar keinen LEC-Profi, sondern nur Spieler aus der deutschsprachigen Szene. Ganz vorn auf beiden Positionen mit dabei: die beiden EURONICS Gaming-Profis Pandar und Ventair, die bei den European Masters überzeugt haben.

Auf einmal wird durch eine Weltmeisterschaft der Wert der nationalen Ligen und der European Masters (oder vergleichbarer Turniere außerhalb Europas) gesteigert. Wenn man für die Nationalmannschaft spielen will, muss man im Zweifel eben auch gute Leistungen in der nationalen Liga leisten, sofern es in der LEC oder LCS keine geeigneten Spieler für die Position gibt.

Und schneidet man gut bei den European Masters ab, hat man sich sogar schon auf internationaler Ebene bewiesen. Wenn ich der League of Legends-Jogi wäre, würde ich das hoch bewerten.

Aber was haben eigentlich die Fans davon? Kann ja nicht der einzige Vorteil sein, dass die Profis mehr Möglichkeiten haben, Geld zu verdienen. Antwort: Ein neues internationales Turnier, bei dem man nicht nur die klassischen Teams und Spieler sieht.

Man sieht nicht nur die alten Bekannten, sondern eben auch mal neue Gesichter. Selbst bei der koreanischen Mannschaft, der augenscheinlich stärksten, würde man endlich mal die besten Spieler, teamübergreifend, miteinander spielen sehen. Der Unterschied zu den Vorjahres-All-Stars? Endlich würde das Turnier mal wirklich kompetitiv sein.



Für Riot wäre das Ganze auch keine Geldverschwendung. Sicherlich, Preisgeld nimmt das Budget sehr in Anspruch, aber durch solch ein Turnier erhält man völlig neue Möglichkeiten, Werbung zu vermarkten.

Denn de facto wäre ein solches Turnier einfach ein besseres All-Stars. Man wird Größen wie Faker oder Doublelift ziemlich sicher auch in einem Nationalteam sehen. Will man unbedingt ein Element behalten, kann man auch einen Teil der Nationalmannschaft zur Wahl stellen, ähnlich wie es bei dem All-Star-Turnier der Fall ist.

Neben dem Fanservice, ein solches Turnier anzubieten, hat man einen weiteren entscheidenden Vorteil, den ein solches Turnier mit sich zieht: Verständnis. In jeder Team-Sportart gibt es Weltmeisterschaften und Nationen-Mannschaften. Warum also nicht im Esport? Ein solches Turnier würde endlich auch den Leuten, die sich kaum mit Esport beschäftigen, einen Ansatzpunkt bieten.

Der klassische „Ich bin Deutschland-Fan“ des Esport würde durch ein solches Turnier einen Einstieg in die Szene bekommen. Denn was schaut man sich als Neuling eher an? Ein Spiel, bei dem "Misfits" spielt oder eines, bei dem "Deutschland" spielt?

Genau. Und dann kann er vielleicht auch die Spannung, die Atmosphäre, das Gefühl erkennen – und bleibt vielleicht drin.

Theoretisch super, aber praktisch unmöglich?



Doch selbstverständlich bringt eine Weltmeisterschaft auch Nachteile mit sich, die wir transparent nicht unterschlagen wollen.

Soll man den vollgepackten Terminkalender eines Profis tatsächlich noch um ein weiteres ernsthaftes Turnier erweitern? Die All-Stars sollten immerhin mehr Entspannung als Stress sein, eine Weltmeisterschaft wäre seriös und müsste ernst genommen werden.

Meiner Meinung nach kann man das den Besten der Welt durchaus zutrauen, immerhin erhalten sie ein solides Preisgeld für einen Erfolg und werden nicht gezwungen, teilzunehmen.

Fraglich ist jedoch, ob die Profis auf demselben Niveau spielen können, wie sie es im Team tun. Sie trainieren das gesamte Jahr über mit ihren Teammates, mit ihrem Team, mit ihrem Staff, etc. und werden dann in ein komplett neues Umfeld geworfen. Werden sie performen? Man weiß es nicht.

Und wer organisiert die Teams? Im Fußball ist das der DFB, für League of Legends gibt es sowas nicht. Der ESBD kümmert sich um Esport allgemein, ist da Platz für eine Nationalmannschaft mit Trainergespann und Hintergründen?



Zu guter Letzt: Wer bestimmt eigentlich, welche Teams/Nationen teilnehmen dürfen und welche nicht? Es gibt keine Weltrangliste, nach der man gehen könnte. Man kann sich auf einer theoretischen Liste auch nur durch die Weltmeisterschaft verbessern/verschlechtern. So kommt man nicht voran.

Nimmt man die Länder mit den meisten professionellen Spielern? Mit den Erfolgreichsten? Mit der stärksten nationalen Liga? Letzteres könnte man immerhin über die European Masters klären, aber die Welt ist größer als Europa. Eine Lösung wäre es, dass man tatsächlich einen offenen Qualifier spielt, an dem alle Verbände teilnehmen können, wenn sie eine Mannschaft stellen können. Dennoch bleiben offene Fragen.

Fragen, die nicht zu 100% überzeugend beantwortet werden können. Sie sind es aber Wert, eine Antwort zu bekommen.
Ich bin der Meinung, dass alle Nachteile überwunden werden können, wenn man sich nur genug engagiert und die Vorteile für alle Beteiligten, Spieler, Werbepartner, Riot und Fans deutlich überwiegen. Deshalb brauchen wir eine LoL-WM!

Und, dass es funktionieren kann, weiß man bereits. So wurde League of Legends bei den Asian Games 2018 gespielt, es war quasi eine Kontinental-Meisterschaft.

UND: Es gibt bereits eine Art LoL-WM. Diese kennt nur keiner. Bei der zehnten Esport-Weltmeisterschaft, ausgerichtet von der International Esport-Federation, gewann Südkorea, mit fünf gänzlich unbekannten Spielern, vor der Mannschaft von Macau. Deutschland und Österreich stellten keine Teams, das Schweizer Lineup wurde u.a. mit Sri Lanka, Georgien und Namibia Letzter bzw. schied bereits in der Gruppenphase aus.

Was denkt ihr? Brauchen wir eine solche WM oder reicht euch die bereits bekannte World Championship? Sagt uns eure Meinung!

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    Bernd Wilken
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