Geposted von Funk1ll3r,
Die ersten paar Jahre der NA LCS war Team Liquid bzw. Team Curse meist ein Top-Team der Region, doch seit geraumer Zeit macht die Organisation nur noch negativ Schlagzeilen. TL ist auf dem besten Wege, zum Origen Nordamerikas zu werden. Ein Kommentar. Lange haben sich Fans von Team Liquid über das 4. Platz-Meme echauffiert, doch mittlerweile dürften sie so weit sein, dass sie es mit einem Handkuss begrüßen würden. Vom einstigen Fast-Finalisten mit Dauerabo für die Playoffs verkommt das Team zu einer Witzfigur, die nur noch belächelt wird. Und daran hat das Management um Steve 'LiQuiD112' Arhancet Schuld.

"Breaking Point" oder auch: Alarmstufe Rot

Vorweg: Ich habe die Dokumentation "Breaking Point" von der Qualität der Produktion her sehr genossen, doch die Bilder, die sich dort abgespielt haben, waren erschreckend. Über Monate gelang es den Verantwortlichen nicht, einen damals 18-Jährigen Jungler und seine Mitspieler unter Kontrolle zu bekommen, damit sie als Team auftreten. Die Unfähigkeit, dem eigenen Staff keine geeignete Hilfe hinzuzufügen, die die zwischenmenschlichen Probleme löst oder eine andere Lösung findet, sprach Bände. Trotz des Theaters wurden zumindest die Playoffs erreicht.


Das Chaos gipfelte im vergangenen Spring Split, als das neue Lineup mit Luxus-Verpflichtung Yeu-jin 'Reignover' Kim keinen Fuß in der NA LCS fassen konnte. Über weite Strecken waren die Spiele von Team Liquid unterirdisch und kein Zeichen einer Einheit zu sehen. Während der IEM-Pause führte eine Reihe von Verzweiflungsentscheidungen dazu, dass Chae 'Piglet' Gwang-jin in die Mitte wechselte und Yiliang 'Doublelift' Peng von Team SoloMid ausgeliehen wurde, um den drohenden Abstieg abzuwenden.

Der AD-Carry hatte großen Anteil am Nichtabstieg und Team Liquid war mehr als glücklich mit diesem Umstand, denn die Tatsache, dass der 23-Jährige eigentlich einen Split aussetzen wollte, machte den Deal überhaupt erst möglich. Mit weniger Glück hätte das Team auch gegen Gold Coin United aus der NA LCS absteigen können.


Fragwürdiger zweiter Anlauf

Dass sich etwas bis zum Sommer ändern musste, sollte wohl jedem klar gewesen sein - den Spielern, dem Staff und jedem einzelnen Fan, der übriggeblieben ist. Umso überraschender war das offizielle Announcement, dass Team Liquid mit dem gleichen Lineup wie zu Beginn des Spring Splits in den Sommer gehen würde.

Mid-Laner Greyson 'goldenglue' Gilmer, der nach einigen Wochen von einem AD-Carry ersetzt wurde und einen Monat nach Südkorea ging, um sich individuell zu verbessern, kehrte ins Lineup zurück, während die restlichen Spieler verblieben. Die gleiche Konstellation, die viele Wochen im Spring Split enttäuschte, bekam eine zweite Chance.

Während dies auf Reddit von vielen Usern hinterfragt wurde, begründete LiQuiD112 die Entscheidungen damit, dass das Meta für Piglet als AD-Carry besser sei, mit Nu-ri 'Cain' Jang ein Coach dem Team seit einigen Wochen weiterhelfe und das Vertrauen in goldenglue vorhanden sei. Ja, der Co-Owner und -CEO stellte sich öffentlich hin und sprach seinem neuen alten Mid-Laner das Vertrauen aus - nur, um ihn nach einer einzigen (!) Serie durch Andrew 'Slooshi' Pham zu ersetzen.

Natürlich spielte goldenglue keine gute Serie gegen CLG, aber er war nicht der einzige Spieler, der schwach auftrat. Was an der Auswechslung viel schwerwiegender ist, ist die Tatsache, dass LiQuiD112 am Mittwoch in einem Video betonte, wie gut goldenglue im Training sei und dass er auf der Bühne Probleme mit der eigenen Nervosität habe.

An dieser Stelle frage ich mich: Wie kann man sich schützend vor einen Spieler stellen, ihm das Vertrauen auf einer öffentlichen Plattform aussprechen und ihn nach einer einzigen Serie auswechseln, wenn man weiß, dass er auf der Bühne unsicher ist? Was das mit dem bereits stark geschädigten Selbstvertrauen des Spielers macht, mag ich mir gar nicht ausmalen. Es würde nicht überraschen, wenn goldenglue, falls er noch einmal zum Einsatz kommt, ähnlich oder noch schlechter performt.


Natürlich sollte versucht werden, mit einem anderen Mid-Laner zu spielen, falls goldenglue nicht liefert - aber nicht so schnell, wenn man sich noch 10 Tage vorher schützend vor diesen Spieler gestellt hat. Entweder man versucht es erst gar nicht mit einem zweiten Versuch mit goldenglue, oder man lässt ihn zumindest bis zum Ende der regulären Saison im Team, um wirklich zu sehen, ob sich die Situation mit ihm bessert.

In diesem Zusammenhang muss sich gleichzeitig die Frage gestellt werden, was die Verantwortlichen erwartet haben. Haben sie geglaubt, dass goldenglue nach vier Wochen Solo-Queue in Südkorea auf einmal an einen Søren 'Bjergsen' Bjerg oder Nicolaj 'Jensen' Jensen herankommt?

Das Problem, dass Nordamerika kaum konkurrenzfähige einheimische Mid-Laner für die NA LCS hat, besteht nicht erst seit gestern. Dass es an Alternativen mangelt, ist durchaus nachvollziehbar, doch hier hätte die Organisation schon lange vorher nach anderen Möglichkeiten schauen müssen: entweder Chae 'Piglet' Gwang-jin durch einen nordamerikanischen AD-Carry ersetzen oder Reignover gar nicht erst verpflichten. Cloud9, Echo Fox und FlyQuest haben vorgemacht, dass es durchaus fähige nordamerikanische Jungler gibt.

Zudem ist auch nicht verständlich, wie die Verantwortlichen glauben können, dass dieses Lineup, das offensichtlich in dieser Konstellation nicht funktioniert (wie der Spring Split gezeigt hat), nach einer Pause viel besser spielen würde. In der ersten Woche des Summer Splits sah Team Liquid wie eine Ansammlung von Solo-Queue-Spielern ohne Spielplan aus, für die das Management verantwortlich ist.

Parallelen zu Origen

Es werden traurige Parallelen zu Origen deutlich. Enrique 'xPeke' Cedeño Martínez Organisation gehörte 2015 zur europäischen Spitze und befindet sich seit Mitte 2016 in einem massiven Abwärtstrend, der im Abstieg aus der EU LCS gipfelte.

Vom einstigen Konkurrenten um die Krone der Region ist nichts mehr vorhanden, stattdessen machte sich Origen immer wieder in der Öffentlichkeit zur Lachnummer: der Staff-Exodus, die ständigen Ein- und Auswechslungen von Gründer xPeke, die fehlerbehafteten Ankündigungen (kürzlich auch inklusive fragwürdiger Grafiken), der sportliche Abstieg, das Debakel mit den Verträgen usw.


In gewisser Hinsicht ist Team Liquid auf dem Weg, zum Origen der NA LCS zu werden, wobei dieser Vergleich in einigen Bereichen absolut überzogen ist oder nicht zutrifft. Die Organisation insgesamt ist eine der namhaftesten im eSport, hat vor allem in Dota 2 und auch in CS:GO Erfolg und die negativen Schlagzeilen beschränken sich lediglich auf die Leistungen und das Management des League of Legends-Squads.

Diese sind einem Team dieser Größe und Geschichte, vor allem nach dem Einstieg der Eigentümer- und Investorengruppe aXiomatic, allerdings überhaupt nicht würdig. Das Management muss schleunigst die Wende einleiten. Zwar scheint ein Verlust des Platzes in der NA LCS aufgrund der großen Umstellungen im kommenden Jahr unwahrscheinlich zu sein, doch TLs Ruf in der LoL-Szene ist zum aktuellen Zeitpunkt geschädigt - und das Internet vergisst bekanntlich nicht.

Was ist Eure Meinung zur Situation bei Team Liquid?

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